Der verstörende Filmclub
Neue Staffel im Winter 2024/25
Im lexikalischen Sinne bedeutet „verstören“ so viel wie „aus der Fassung, dem seelischen Gleichgewicht bringen; sehr verwirren“. Der Film scheint dafür besonders geeignet zu sein. So ist die Liste an verstörenden Filmen so lang wie vielfältig und erstreckt sich über Gerne- und Dokumentar- bis hin zu Auteur-Filmen. Die zusammen mit dem Theater- und Medienwissenschaftler Ipke F. Cornils entstandene Filmreihe „Der verstörende Filmclub“ versucht, die Welt dieser erschreckenden, verwirrenden wie überraschenden Filme näher zu ergründen und richtet sich sowohl an Zuschauer:innen, die bereits Anhänger:innen solcher Filme sind, als auch an diejenigen, die sich an diese Art von Film langsam heran tasten wollen. Die Vorstellungen werden jeweils von einer Einführung zum Film und der Möglichkeit eines Nachgespräch begleitet.
kommende Filme der Reihe:
BLACK SWAN
Der verstörende Filmclub am Sonntag, 01.12.24, Gloriette
Einführung und Filmgespräch von Ipke Cornils
USA 2010 | Regie: Darren Aronofsky | 108 Min. | FSK 16
Darsteller*innen: Natalie Portman, Mila Kunis, Vincent Cassel, Winona Ryder
In dem Psychothriller BLACK SWAN bekommt die junge, aufstrebende Ballerina Nina (Natalie Portman) die Doppelrolle ihres Lebens: In „Schwanensee“ soll sie sowohl den unschuldigen weißen als auch den dämonischen schwarzen Schwan verkörpern. Während sie die perfekte Besetzung für den weißen Schwan ist, muss sie für den Gegenpart der Figur lernen loszulassen und die dunkle Seite in sich hervorbringen. Angetrieben von dem charismatischen Ballettdirektor Thomas Leroy (Vincent Cassel) versucht sie verzweifelt ihre Blockaden zu überwinden. Ausgerechnet die neue, attraktive Kollegin Lily (Mila Kunis) hat all das, was Nina zu fehlen scheint. Droht Nina sogar die Rolle an Lily zu verlieren? Ninas Verzweiflung wächst und sie stößt einen ebenso befreienden wie selbstzerstörerischen Prozess an, bei dem die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen. Aber ungeachtet aller Gefahren treibt Nina ihre Vorbereitungen für die Premiere des Stücks weiter – denn für sie zählt nur eines: Vollkommenheit.
THE NEON DEMON
Der verstörende Filmclub am Sonntag, 12.01.25, Gloriette
Einführung und Filmgespräch von Ipke Cornils
USA/F/DK 2016 | Regie: Nicolas Winding Refn | 118 Min. | FSK 16
Darsteller*innen: Elle Fanning, Jena Malone, Christina Hendricks, Keanu Reeves
Los Angeles – Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten, Glamourwelt, Schauplatz zahlloser Träume und Abgründe. Als das junge aufstrebende Model Jesse (Elle Fanning) nach L.A. kommt, kann sie nicht ahnen, dass ihre Jugend und Lebendigkeit schon bald den Neid einer Gruppe schönheitsfanatischer Frauen auf sich ziehen wird. Und die scheuen keinerlei Mittel, um das zu bekommen, was Jesse hat…
Kaum ein Regisseur hat in den letzten Jahren eine so eindrückliche filmische Ästhetik erschaffen und dabei die Genre-Grenzen ausgelotet wie Nicolas Winding Refn. Mit THE NEON DEMON präsentiert er nun einen außergewöhnlichen Thriller, der durch bitterbösen Humor, unvergleichliche Coolness und visionäre Bilder besticht. Ein fesselnder Trip in die Abgründe des Modellebens und zugleich eine wilde Hymne an die Stadt der Engel, die Refn schon mit „Drive“ brillant in Szene gesetzt hat. Nach seiner Exploration männlicher Archetypen erzählt er erstmals mit starker weiblicher Stimme: Das Drehbuch zu THE NEON DEMON schrieb Debüt-Autorin Mary Laws. In der Hauptrolle begeistert die 18-jährige Elle Fanning („Maleficent – Die dunkle Fee“, „Super 8“) mit ihrem unglaublich intensiven Spiel – naiv und erwachsen zugleich, unwirklich schön und dennoch verstörend. Als furioses Frauentrio sind Jena Malone („Die Tribute von Panem“, „Inherent Vice – Natürliche Mängel“), Bella Heathcote („Dark Shadows“) und das australische Topmodel Abbey Lee („Mad Max: Fury Road“) zu sehen. In weiteren Rollen spielen Keanu Reeves („John Wick“), Desmond Harrington („Dexter“), Alessandro Nivola („American Hustle“) und Christina Hendricks („Drive“). Cliff Martinez, dessen grandios sphärische Elektroklänge bereits in Refns Vorgängerfilmen faszinierten, zeichnet erneut für den Soundtrack verantwortlich.
bisherige Filme der Reihe:
NATURAL BORN KILLERS
Der verstörende Filmclub am Sonntag, 20.10.24, Gloriette
Einführung und Filmgespräch von Ipke Cornils
USA 1993 | Regie: Oliver Stone | 119 Min. | FSK 18
Darsteller*innen: Juliette Lewis, Tommy Lee Jones, Woody Harrelson, Robert Downey
Als im Jahre 1994 der Film "Natural Born Killers" des US-amerikanischen Regisseurs Oliver Stone in die Kinos kam, traf diese brutal-böse Satire um ein durchgeknalltes Mörder-Pärchen einen ganz besonders empfindlichen Nerv der moralisch berufenen Medienwelten: Nicht nur Gewaltglorifizierung lautete der Vorwurf, sondern die teilweise auch juristischen Anklagen erweiterten sich dahingehend, dass der Film gerade bei jungen Leuten in einigen Fällen einen Nachahmungseffekt ausgelöst habe. Fünfzehn Jahre und einige gleichermaßen provokante Filme später hat sich der einstige Skandal auch vor dem Hintergrund einer zunehmend verrohenden Medienberichterstattung über real existierende Gewalttaten deutlich relativiert. "Natural Born Killers" gilt mittlerweile weithin als Kultfilm und seine Gesellschafts- und Medienkritik mitunter als geradezu prophetisch, was die Zusammenhänge zwischen grausamen Brutalitäten und medialen Ausschlachtungstendenzen betrifft. (kino-zeit.de)
LOST HIGHWAY
Auftakt zur 2. Staffel "Der verstörende Filmclub" in der 3. Heidelberger Kinonacht am 02.10.24, 22:00 Uhr, Gloriette
Einführung und Filmgespräch von Ipke Cornils
USA 1997 | Regie: David Lynch | 135 Min. | FSK 16
Darsteller*innen: Bill Pullman, Patricia Arquette, Balthazar Getty, Robert Loggia, Robert Blake
Die Ehe des Jazzsaxophonisten Fred Madison (Bill Pullman) ist am Abgrund. Als er nach einer bizarren Party festgenommen und des Mordes an seiner Frau Renee (Patricia Arquette) beschuldigt wird, landet er in der Todeszelle. Geplagt von starken Kopfschmerzen und Visionen des rätselhaften "Mystery Man", beginnt Fred sich zu verwandeln. Die Wärter finden in seiner Zelle nur noch den Automechaniker Pete Dayton (Balthazar Getty) vor, den sie nie zuvor gesehen haben, und müssen ihn ziehen lassen. Doch wie sich herausstellt, sind alle verloren auf dem Lost Highway, gefangen in ihrem Schicksal...
Der düster-atmosphärische Mysterythriller trägt unverkennbar David Lynchs dem Surrealismus zugeneigte Handschrift. Für den typisch mysteriösen Lynch-Score in LOST HIGHWAY sorgte sein langjähriger Wegbegleiter Angelo Badalamenti, der zu diesem Zeitpunkt längst kein Unbekannter beim Publikum war, hatte er doch unter anderem schon die Musik zur Kultserie "Das Geheimnis von Twin Peaks" (1990-91) beigesteuert. Den Soundtrack produzierte der kreative Kopf der Nine Inch Nails und inzwischen mehrfache Oscar-Preisträger Trent Reznor.
UNDER THE SKIN
am Dienstag, 19.03.24
So verstörend wie rätselhaft. Ein Enigma von einem Film über die Grausamkeit des Menschen.
Einführung und Filmgespräch von Ipke Cornils
GB 2013 | Regie: Jonathan Glazer | 108 Min. | FSK 16
Darsteller:innen: Scarlett Johansson, Joe Szula, Kryštof Hádek, Adam Pearson, Paul Brannigan, Michael Moreland, Gerry Goodfellow, Dave Acton
„[…] ein nomadischer mäandernder Film, der sich selbst und uns fremd bleiben muss, als habe es ihn eher zufällig in unsere Welt verschlagen.“ Marcus Stiglegger
Anlässlich der Kinostarts von Jonathan Glazers THE ZONE OF INTEREST gibt es im Februar Glazers bisheriges Magnus Opus zu sehen: UNDER THE SKIN mit Scarlett Johansson. In der Romanverfilmung lockt ein mysteriöses Wesen (ein Alien?) in Gestalt einer jungen Frau (Johansson) Männer in dessen Unterschlupf, um sie dort zu ernten. Während es in den Menschen anfangs nichts außer Beute sieht, beginnt es nach und nach sich für die fremde Spezies zu interessieren. Muss aber schon bald am eigenen Leib erfahren, dass der Mensch kein Raubtier neben sich duldet.
Mit seinem dritten Spielfilm etablierte sich der ehemalige Musikvideo- und Werbe-Regisseur Glazer endgültig als Filmemacher. Elegant verdreht er in diesem die Genre-Regeln von Filmen wie SPECIES oder BODY SNATCHERS, um uns von uns selbst zu entfremden und in die eigene Fratze blicken zu lassen.
NOCTURNAL ANIMALS
am Mittwoch, 24.01.24
Einführung und Filmgespräch von Ipke Cornils
Melodrama trifft Rache-Thriller. Hässlich trifft schön. Schön trifft hässlich. Tom Fords zweite Regiearbeit.
USA 2016 | Regie: Tom Ford | 116 Min. | FSK 16
Darsteller:innen: Amy Adams, Jake Gyllenhaal, Michael Shannon, Aaron Taylor-Johnson, Isla Fisher, Armie Hammer, Laura Linney, Andrea Riseborough, Michael Sheen
„Der Roman war verstörend, der Film ist es ebenfalls.“ Christoph Schröder, DIE ZEIT
Erfolgreich wie wohlhabend, hübsch wie gebildet, begehrt wie beliebt. Die Upper Class Galeristin Susan (Amy Adams) führt ein scheinbar perfektes Leben. Doch in ihrem Inneren herrscht eine tiefe Leere und Unzufriedenheit. Als ihr Ex-Mann Edward (Jake Gyllenhaal) ihr dann auch noch ein ihr gewidmetes Roman-Manuskript zu kommen lässt, muss sie sich endgültig dem Abgrund stellen, der ihr bisheriges Leben darstellt. Nach A SINGLE MAN wusste der Mode-Designer Tom Ford Publikum und Kritiker:innen mit seinem zweiten Film zu überraschen. Denn war sein Debüt noch ein wunderschönes Male Melodrama, verband er für NOCTURNAL ANIMALS Melodramatisches mit Elementen des Neo-Noirs und des psychologischen Thrillers. Nachdem er sich bereits Jahre zuvor mit seinen Werbekampagnen für u.a. Gucci und Yves Saint Laurent im Porno Chic-Look einen Ruf als Provokateur erarbeitet hatte, konfrontierte er nun auch die Zuschauer:innen seiner Filme mit verstörend schönen Bilderwelten, in denen vermeintlich Gegensätzliches eine beunruhigende Symbiose eingehen.